Der Titel dieses Heftes - eine Anspielung auf Heinrich von Kleist - geht auf einen Workshop vom Juni 2001 zurück, der auf eine Verständigung über Formen, Prozesse und Modelle von Repräsentation von Geschlecht und Körper aus der Sicht der Literatur- und Kulturwissenschaften wie auch der Philosophie zielte. Die veröffentlichten Beiträge thematisieren deshalb bewußt Konzepte von "(Ver)Körper(ungen)" und zeigen, daß sich Repräsentation in ganz unterschiedlichen Weisen denken läßt: als mimetische Abbildung sowie als Inszenierung, als Akt des Setzens sowie auch als Akt des legitimierten Sprechens im Namen anderer. Dies schließt nicht nur die Frage danach ein, wer repräsentiert, sondern auch zu welchem Zweck, in welchem historischen Kontext und mit welchen Strategien repräsentiert wird. Zu den markanten Gegenständen und gleichzeitig auch Produkten von Repräsentation zählen Konzeptionalisierungen des Körpers. Während ein Teil der Beiträge (sprach)philosophische Ansätze mit Fragen politischer Repräsentation verbindet - der Rückgriff auf Wittgenstein in der zeitgenössischen experimentellen Literaturszene (Kornelia Freitag), die aktuellen US-amerikanischen Pornographiedebatte (Juliane Rebentisch) sowie die Drag- und Transgender-Phänomenen als paradigmatische Beispiele für Prozesse der Repräsentation (Matthias Haase), stellen die Beiträge von Renate Brosch, Elke Lösel und Sarah Colvin Fragen nach Vergeschlechtlichungsprozessen, die in Gattungen wie dem weiblichen Akt, den Funeralschriften der frühen Neuzeit und dem Drama ihren Niederschlag finden. Auf welche Art und Weise der (eigene) Körper in der Relation von Identität und Differenz Eingang in die Texte schreibender Frauen findet, diskutieren die Beiträge von Andrea Kinsky-Ehritt zu einem Gedichtband der Irin Eavan Boland und Ottmar Ettes am Beispiel eines Gedichts der jüdischen Philosophin Hannah Arendt. Die Verschränkung der grenzüberschreitenden Konzepte von Mestiza und Cyborg in Repräsentationspraxen von Minderheiten (Anja Bandau) und der Zusammenhang von ›Weiblichkeit‹ und Raum als Widerspruch/Widerstand gegen Be-/Eingrenzungen in aktuellen globalen Kontexten von Mobilität und Migration am Beispiel indisch-amerikanischer Autorinnen (Rüdiger Kunow) bringen postkoloniale und feministische Positionen zusammen. Margrid Birckens Beitrag widmet sich literarischen Repräsentationen von Gewalterfahrungen von Frauen in der Synthese europäischer und nichteuropäischer Kulturtradition am Beispiel von Anna Seghers' Drei Frauen auf Haiti. Der abschließende Beitrag (Karin Esders) verfolgt am Beispiel von Donna Haraways Cyborg-Konzept, wie hierarchische Klassifizierungen und Normierungspraktiken der Moderne mit ihren dichotomen, immer auch geschlechtlich kodierten Grenzziehungen von Natur und Kultur heute vielfältig in Frage gestellt werden.
Andrea Kinsky-Ehritt, Anja Bandau: Redaktionelle Notiz Kornelia Freitag: "Über die sprachliche Verfertigung der Geschlechter" oder: "Warum eigentlich Wittgenstein?" Juliane Rebentisch: Nur Worte? Zu sprechakttheoretischen Argumenten in der US-amerikanischen Pornographiedebatte Matthias Haase: Die Regime der Parodie Oder: Zu wem spricht die "Performativität" der Performance? Ottmar Ette: "Unheimlich nahe mir verwandt": Hand-Schrift und Territorialität bei Hannah Arendt Andrea Kinsky-Ehritt: Auf der Suche nach dem eigenen Körper: Zur Repräsentation weiblicher Identität in Eavan Bolands In Her Own Image Anja Bandau: Ist die Mestiza auch Cyborg? Utopische Konzepte im Chicana/o Diskurs Rüdiger Kunow: Körper im Transit: Migrantinnen in der Literatur der indischen Diaspora in den USA Renate Brosch: Nackte Akte: Bilder weiblicher Körper und der böse Blick des Begehrens Elke Lösel: "Die schöne Leiche": Verwerfungen des Leibes in Funeralschriften der Frühen Neuzeit Margrid Bircken: Ein Ort für Leben: Die Frau in der Höhle Sarah Colvin: Verkörperte Sprache: Bemerkungen zu einer feministischen Theorie des Dramas Karin Esders: Grenzauflösungen: Körper, Wissen, Medien